07.12.2023 - 2 Einwohnerfragestunde

Die Einwohnerfragestunde wird durch Herrn Havemann in Anspruch genommen.

 

Die Stadtvertretung verständigt sich dazu, dass Herr Havemann seine Fragen vortragen darf, gemäß der Hauptsatzung (§ 2 Abs.2) der Stadt Neustrelitz. Da sich die Fragen auf einen Beratungsgegenstand beziehen, erfolgt in der Sitzung keine Antwort.

 

Mein Name ist Frank Havemann. Ich bin seit vorigem Jahr in Neustrelitz ansässig und Mitglied des Neustrelitzer Kulturrats, der die diesjährigen Veranstaltungen zur 1848er Revolution initiiert hat.

Ich habe vier Fragen an die CDU-Fraktion zu ihrer Beschlussvorlage zum Schlossturm (Tagesordnungspunkt 20), verbunden mit einem kurzen Kommentar (jeweils nur ein Satz). Zum Thema habe ich auch einen Leserbrief im Strelitzius-Blog und hoffentlich bald im Nordkurier.

 

Frage 1:

Warum will die CDU-Fraktion, dass der Schlossturm wiederaufgebaut wird?

Kommentar:

Der Aufbau einer Turmkopie macht m.E. architektonisch nur Sinn, wenn abzusehen ist, dass auch bald das Schloss, wenigstens in Teilen, wiederaufersteht.

 

Frage 2:

Warum wird nicht stattdessen der Aufbau alleine des Barockschlosses, ohne den Anfang des vorigen Jahrhunderts errichteten Anbau, angestrebt?

Kommentar:

Der Aufbau des Barockschlosses wäre mit geringeren Kosten möglich und auch architektonisch dem Wiederaufbau des gesamten Schlosses vorzuziehen, jedenfalls wenn man dem Urteil des Neustrelitzer Konservators, Kunsthistorikers und Heimatforschers Konrad Hustaedt (1874-1948) folgt, der meinte, dem in den Jahren 1906-1909 errichteten Anbau mitsamt Turm "war der alte Schloßbau durch seine maßvolle, vornehm gehaltene Architektonik weit überlegen".

 

Frage 3:

Bleibt die CDU-Fraktion dabei, den Wiederaufbau des Schlossturms vor allem mit seiner Funktion als Leuchtturm der Demokratie zu begründen?

Kommentar:

Neben den von mir schon genannten architektonischen Zweifeln muss man bedenken, dass der Turm als Nachbau des Turms im Charlottenburger Schloss als Zeichen der Verbundenheit mit Kaiser Wilhelm II. gedacht war. Und das gerade mal ein Jahrzehnt vor dem Ende aller deutschen Dynastien.

 

Frage 4:

Macht sich die CDU-Fraktion die Position des Residenzschlossvereins zu eigen, dass die Charta von Venedig beim Wiederaufbau herangezogen werden sollte?

Kommentar:

Der Paragraph 11 der Charta von Venedig, der fordert, möglichst den letzten erhaltenen Zustand zu konservieren, ist für die Wiedererrichtung m.E. nicht sinnvoll anzuwenden. Irgendein zukünftiger Investor kann dem Barockschloss ja immer noch den neobarocken Anbau mitsamt Turm hinzufügen (was hoffentlich nicht passieren wird).

 

Die Fragen werden an die CDU-Fraktion weitergeleitet und es wird eine schriftliche Antwort folgen.